Landesverband Berlin im
Deutschen Freidenker-Verband e.V.

„ Am Anfang war das Nichts !?“ – mit Update 26.10.2016 (20.10.2016)

Zum Verhältnis von Naturwissenschaft und Religion

Anmerkungen von Axel Popp ( Potsdam)

zur Sendung „ WissensWerte“ im INFOradio des RBB vom 09.10.2016 

Thomas Prinzler moderiert schon eine Reihe von Jahren im INFOradio die interessante Sendereihe „ WissensWerte“, in der er Wissenschaftler und Forscher zu Themen verschiedenster Disziplinen befragt und vorstellt. So auch am 04.10.2016 im Bildungsforum Potsdam ( Sendetermin 09.10.2016 ) befragte er drei Gäste zum Verhältnis von ( Natur-) Wissenschaft und Religion.

Hier der Link zur Sendung ( 37 Min. Tonaufzeichnung ).

Für den Theologen Dr. Oliver Putz ist klar, es gibt einen Schöpfer – Gott, wenn auch transzendent, „ da sei etwas “, was sich offenbare in der Welt, so u.a. in dem anthropischen Prinzip ( der Feinabstimmung der Naturkonstanten ), die dazu führte, dass die Welt sich so ausbilden konnte, wie wir sie jetzt beobachten können. Es sei mehr, als nur reiner Zufall. Dabei dürfe man die Bibel als Offenbarung Gottes nicht wörtlich lesen bzw. nehmen.

Die beiden anderen Gäste, Prof. Wolfgang Lucht und Prof. Thomas Naumann, plädierten dafür, Wissenschaft und Religion deutlich voneinander zu trennen. „ Im Land des Wissens gäbe es nur Erkenntnis, aber kein Leid. Religion sei ein menschliches Phänomen“ und es ist ein „ Wunder “, dass wir Menschen die Welt erkennen könnten. Die Wissenschaft konzentriere sich darauf, „ was ist “, aber nicht darauf „ was sein soll. “ Am Anfang sei das Tohuwabohu, das Chaos, aber auch das ( Natur-) Gesetz, das Logos. „ Eine Dialektik von Chaos und Logos “. Menschen bräuchten moralische Grundlagen, Werte und Orientierung. Und trotz der europäischen Aufklärung könne man in unserer abendländischen Kultur diese moralischen Grundlagen nicht von der Religion trennen. Als Kronzeuge dafür wurde Bertolt Brecht aufgerufen, der in seinen Werken immer wieder biblische Bilder / Vergleiche herangezogen hätte. Da waren sich die beiden Professoren nicht einig, Einer von ihnen betonte, man könne heute durchaus ein moralisch verantwortlicher Mensch sein, ohne sich dabei auf eine Religion zu berufen.

Schwierig gestalte sich die Frage nach dem „ Anfang “ der Welt. Physikalisch sei das Milliarden Jahre v o r dem Menschen schon abgelaufen. Der Theologe meinte, da wäre nicht nur die Materie, die Physik in die Welt gekommen, sondern auch für uns Menschen eine Verheißung, eine Hoffnung. Die Urknall – Hypothese könne den physikalischen Ablauf erklären bis auf die ultrakurze Zeitspanne von 10 – 43 Sekunden nach dem Big Bang. Es sei somit eine semantisch sinnlose Frage, was denn vor dem Urknall gewesen wäre, weil auch erst mit dem Urknall die Zeit entstanden wäre.

Problematisch erwies sich die Frage nach „ Grenzen “ der menschlichen Erkenntnis. Nach Galilei könnten sich zwei Wahrheiten, die Wahrheit der Bibel und die Wahrheit der Natur, nicht widersprechen. Es gäbe zwar viele Welten, Multiversen, aber unser Gehirn sei nicht „ gemacht “ um diese Grenzen aufzufinden.

Ich möchte hier nicht alle Fragen zu dieser Sendung referieren, außerdem habe ich nur für mich bemerkenswerte Teile aufgegriffen. In einer Mail an den Moderator Thomas Prinzler stellte ich nur zwei Fragen :

1. die Grenzen unser menschlichen Erkenntnis / unseres Wissens

Für mich stellt sich diese Frage so nicht ! Der menschliche
Erkenntnisprozess ist UNENDLICH, unbegrenzt ( solange es denkfähige
Menschen geben wird ) !! Sicher gibt es immer einen aktuellen Stand
unserer Erkenntnis ( quasi die vorderste Forschungsfront ), aber diese
aktuelle “ Grenze “ wird irgendwo auf der Welt in jedem Augenblick
irgendwie überschritten ( und wenn es zunächst nur als Idee /
Hypothese ist ). Es gibt kein Ende, keinen absoluten Abschluss in der
Erkenntnis. Ich kann auch keinen Sinn in der Frage nach einer “ Grenze
“ für unser Wissen erkennen. Es sei denn, man erteilt Denkverbote,
dass man hier, warum auch immer, nicht weiter denken dürfe.

2. zur “ Urknall – Hypothese „

Wie schon der Name “ Hypothese “ besagt, ist es eine intelligente
Vermutung / Annahme ( sicher, die heute von vielen Physikern vertreten
wird ), aber mit dem “ Schönheitsfehler “ der nicht erklärten
Singularität ganz am Anfang. Daneben vertreten einige Physiker andere
Erklärungen ( z.B. “ Quanten – Schleifen – Gravitation “ ) Diese
Deutung erscheint mir viel plausibler. Danach gibt es KEINEN Anfang,
weil Materie immer da war und sein wird in einem ewigen Prozess steten
( Form – ) Wandels.
Danach kann / muss Materie nicht “ erschaffen “ werden. Damit
entfällt auch der letzte Gedanke einer “ Erschaffung “ der Welt.

Ich erlaube mir, hier noch etwas zu ergänzen, was über den engeren Rahmen der Natur – Wissenschaft hinausgeht, aber für mich eindeutig die Wirkung eines Denkverbots hat. Es geht um die grundsätzlichen Lehraussagen der „ Wirtschaftswissenschaft “ / der Volkswirtschaftslehre. Hier herrscht seit vielen Jahrzehnten ein neoliberales / neoklassisches Dogma über den Markt und die Marktmechanismen. Das ist verschiedentlich kritisiert worden ( u.a. auch von T. Piketty, man bastele oft kleine mathematische Modelle, hätte aber aus dem Blick verloren, dass die Ökonomie zu den Sozialwissenschaften gehöre ). 95 % der Ökonomie – Professoren „ predigten“ dieses Dogma und konditionierten so Millionen von Studenten weltweit einseitig falsch und immunisierten sie oft erfolgreich gegen jeden neuen Gedanken einer Alternative für eine neue solidarische, selbstbestimmte Wirtschaft. Nach meiner Auffassung verstößt diese „ Ökonomie “ auch gegen wissenschaftliche Methodenprinzipien der Wahrheitsprüfung an der praktischen Erfahrung.

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Update von Axel Popp 26.10.2016 (20.10. 2016);

Am 09.10. (11.10.) hatte ich hier Bezug genommen auf eine Sendung in INFOradio. “ Am Anfang war das Nichts ?“ mit Thomas Prinzler.
Heute ( 20.10.2016 ) lief in der Sendereihe Scobel in 3sat die Sendung “ Das Dunkel der Astrophysik “ mit 3 Astrophysikern, die sich genau auch mit dem Urknall und einem möglichen “ Beginn “ von Allem befasste.

Hier wurden genau die “ Theorie “ des Urknalls in Frage gestellt. Über die ersten 380.000 Jahre nach dem “ Urknall “ ( bei dem Alter unseres Universums von 13, 8 Mrd. Jahren ) kann heute überhaupt keine Aussage gemacht werden! Interessant das Interview mit der Kosmologin Lisa Randall. Es bestehen nur mehr oder weniger plausible Annahmen darüber. Es sei zu vermuten, dass mit der weiteren Aufklärung der “ dunklen Energie “ ( 72 % ) und der “ dunklen Materie ( 23 % ) auch diese frühen Prozesse besser zu verstehen sind.
Mich störte nur die Verwendung des Begriffs “ Theorien “ für verschiedene mathematische Konstrukte zu einer Deutung der Abläufe ( so nutzt Randall nur 5 Dimensionen gegenüber den 11 Dimensionen der String – Theorie )
Wie ich die Wissenschaftstheorie verstanden habe, liegt eine THEORIE dann vor, wenn ihre Aussagen weitgehend überprüft und an empirischen Daten belegt ist. ( Wahrheitsprüfung ) Während hier Modelle, Annahmen ja Spekulationen vorliegen, die bestenfalls eine Hypothese darstellen können.

Auf jeden Fall stehen diese Aussagen im Widerspruch zu den ziemlich absoluten Behauptungen der Sendung “ WissensWerte „.

Gruß. Axel

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 26. Oktober 2016 um 12:16 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Aufklärung, Religion, Standpunkte abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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