Landesverband Berlin im
Deutschen Freidenker-Verband e.V.

Ein Brief an die Berliner Gesundheitssenatorin

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Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci hat sich mit einem Brief an die Berliner Jugendlichen gewandt, in dem sie diese zur Impfung auffordert. Dieses Schreiben ist ein ethisch wie textkritisch abstoßendes Exemplar manipulativer Kommunikation. Dieser Brief soll das auch Frau Kalayci erklären.
von Dagmar Henn

Liebe Frau Kalayci,

es ist ja ehrenwert, dass Sie die jungen Berlinerinnen und Berliner über das Thema Impfen informieren wollen. Dann sollten Sie das allerdings auch tun.

Informieren hieße, sich nicht auf die Darstellung einer spezifischen Sicht zu beschränken. Gerade nicht beim Umgang mit einer Substanz, deren langfristige Wirkung noch völlig unbekannt ist.

Als Mathematikerin können Sie nicht wissen, welchen ethischen Grundlagen der Umgang mit dieser Impfung folgen sollte. Ich bin gerne bereit, Ihnen die relevanten Dokumente zu nennen. Es sind vor allem zwei: der Nürnberger Kodex von 1947 und die Deklaration von Genf, ursprünglich aus dem Jahr 1948.

Beide entstanden als Konsequenz aus den grauenvollen medizinischen Versuchen in Nazi-Konzentrationslagern. Wobei man der Ehrlichkeit halber sagen muss, dass die Ergebnisse dieser Versuche dennoch in der medizinischen Forschung weiter genutzt wurden, unter anderem bei der Entwicklung der Pille. In beiden Texten geht es um grundsätzliche Fragen der Ethik, ein Feld, das Sie auch als Bankerin weniger behandelt haben dürften. Aber es wäre an der Zeit, dass Sie sich mit diesen Fragen befassen; schließlich sind Sie bereits seit fünf Jahren Senatorin für Gesundheit und sitzen im Aufsichtsrat von Vivantes.

Und ja, sicher haben Sie viel zu tun und können sich nicht über jeden Kleinkram informieren. Aber irgendeiner Ihrer Mitarbeiter sollte inzwischen mitbekommen haben, dass die Aussage, die Corona-Schutzimpfung schütze dreifach, den Impfling selbst, die Kontaktpersonen und die Gesellschaft, schlicht falsch ist. Seit Neuestem sind sogar Impfdurchbrüche bei Dreifachimpfung belegt. Und es steht fest, dass eine vollständige Impfung weder davor schützt zu erkranken, noch davor, im Falle einer Erkrankung andere anzustecken.

Damit ist das in Ihrem Schreiben an die Jugendlichen angesprochene mathematische Modell, nach dem die Ausbreitungsmöglichkeit eines Virus zurückgeht, wenn die Zahl der möglichen Überträger sinkt, obsolet.

Aber vielleicht meinen Sie ja, Kindern und Jugendlichen könne man eine so komplizierte Sachlage nicht zumuten. Oder fürchten Sie, dass andernfalls Ihr Schreiben schlicht nicht den gewünschten Effekt hätte, junge Berlinerinnen und Berliner zu Impflingen zu machen?

Nun, stellen Sie sich einfach vor, wir redeten über eine Anlagemöglichkeit. Ihnen liegen Informationen vor, die einen Kurseinbruch, unter Umständen gar einen Totalverlust dieser Anlage erkennen lassen. Ein bekanntes Bewertungsunternehmen hat diese Anlage bereits als wenig verlässlich eingestuft. Würden Sie mit einem ähnlichen Schreiben mögliche Anleger zum Einstieg motivieren? Würden Sie bei dieser Gelegenheit nicht nur die Ihnen bekannten Informationen verschweigen, sondern zusätzlich noch die Qualifikation des Bewertungsunternehmens infrage stellen? Wäre das ethisch legitim (immerhin waren Sie ja auch für Compliance zuständig)?

Ich zitiere: „Die STIKO (Ständige Impfkommission) ist eine Expertengruppe, die Empfehlungen zu Impfungen in Deutschland ausspricht. Sie hat die Impfung für Eure Altersgruppe ab 12 Jahren bisher nicht allgemein empfohlen. Zu den Nach- und Nebenwirkungen der Impfung wusste man zum Zeitpunkt der Empfehlung nicht so viel. Daher war die STIKO vorsichtig und hat noch keine allgemeine Empfehlung zur Impfung in Eurem Alter ausgesprochen. Inzwischen wurden ca. 10 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit geimpft.“

Sie gehören nicht zur schreibenden Zunft, also muss man Ihnen erklären, welch ein schmutziges kleines Stück Propaganda da Ihr Haus verlassen hat. Satz eins und zwei sind sauber. Satz drei ist eine Halbwahrheit. Denn ja, angesichts der Tatsache, dass die Impfungen neu sind, teils auf unerprobter Technologie beruhen und die normale Testphase einer Impfung Jahre dauert, nicht Monate, ist das bisher vorhandene Wissen über die Nebenwirkungen nur ein Bruchteil des Wissens, das noch kommen wird. Allerdings soll dieser Satz suggerieren, da wäre wenig. Als gäbe es keine ernsten Nebenwirkungen, und als wäre kein numerisches Verhältnis zwischen diesen und der Gesamtzahl der Geimpften bekannt.

Aber Sie als Mathematikerin verstehen sicher, dass dieses numerische Verhältnis sich mit zunehmendem Wissen nur in eine Richtung bewegen kann, bewegen wird. Wenn im Zeitverlauf Nebenwirkungen auftauchen, die man heute noch nicht kennen kann, weil sie womöglich erst nach Jahren eintreten, dann steigt der Anteil der von Nebenwirkungen Betroffenen in der Gesamtgruppe der Geimpften. Wenn aber die STIKO (berechtigterweise, die Zahlen können Sie selbst sicher problemlos nachrechnen) Zweifel daran hegt, ob der Nutzen der Impfung für die Geimpften im Falle von Kindern und Jugendlichen überhaupt den möglichen Schaden angesichts der gegenwärtig bekannten Zahl von Nebenwirkungen und der bekannten Zahl schwerer COVID-19-Verläufe in dieser Altersgruppe übersteigt, dann ist das ein Wissen, das mit „nicht so viel“ nicht annähernd richtig beschrieben ist. Für die Abwägung der entscheidenden Frage reicht dieses Wissen aus.

Die STIKO war nicht vorsichtig, weil sie so wenig wusste. Die STIKO war vorsichtig, weil das Risiko den Nutzen überwiegt. Weshalb also das „noch“ in diesem Satz, das nahelegt, die STIKO könne sich anders besinnen, also gewissermaßen zum Stand der Weisheit Ihres Hauses aufschließen, zutiefst manipulativ ist.

Worauf der nächste Satz unseres kleinen hübschen Absatzes noch einen draufsetzt. „Inzwischen wurden ca. 10 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit geimpft.“ Aha. Das ist eine Nullinformation, weil nichts über die dabei vorgefallenen Nebenwirkungen gesagt wird, aber ein klassischer Propagandatrick. Weil ein scheinbarer, nicht faktischer Zusammenhang zwischen diesem Satz und seinem Vorgänger geschaffen wird, der durch die vermeintliche Größe der Zahl (10 Millionen) die beschriebene Vorsicht der STIKO ins Lächerliche ziehen soll. Als wäre die Tatsache, dass der Impfstoff besagten 10 Millionen verabreicht wurde, irgendwie ein Gegenargument gegen das Problem der durchaus nicht banalen Nebenwirkungen.

Ach ja, Nebenwirkungen – vielleicht hätten Sie sich auch bei den Juristen Ihres Hauses informieren sollen. Es gibt nämlich durchaus bestimmte Personengruppen, bei denen ein höheres Nebenwirkungsrisiko bekannt ist. Jene mit Autoimmunerkrankungen beispielsweise. Das betrifft etwa Kinder mit starken Allergien. Auch diese werden von Ihnen in diesem Schreiben ohne mindeste Einschränkung zur Impfung aufgefordert. Und zwar vorrangig zu einer Impfung in einem Impfzentrum, also bei einem Gegenüber, das die jeweilige Vorgeschichte gar nicht kennt, im Schnellabfertigungsmodus arbeitet und daher auch in all jenen Fällen zur Impfung raten und schreiten wird, in denen die zuständigen Haus- oder Kinderärzte begründet zur Vorsicht raten würden. Haben Sie angemessen prüfen lassen, ob aus dieser direkten Aufforderung Haftungsrisiken resultieren können?

(Nebenbei – die Altersgruppe zwischen 12 und 16 Jahren hat sicher noch keinen Personalausweis, in der Regel aber auch keinen Reisepass, sondern einen Kinderausweis. Müssen Sie als Kinderlose ja nicht wissen.)

Allerdings wäre es nicht nötig gewesen, die Kinder und Jugendlichen in diesem Schreiben auch noch zu verhöhnen. „Wir wollen eine Rückkehr zu einem weitgehend normalen Leben ermöglichen. Dazu gehört auch ein Schulbetrieb mit möglichst wenigen Infektionen und Beschränkungen.“

Nun, haben Sie die Lehrer geimpft, die geimpft werden wollten? Dann ist es doch gut. Heben Sie die Beschränkungen auf. Tun Sie das nicht, dann stehen Sie dazu. Aber es sind nicht die Kinder und Jugendlichen, die diese Beschränkungen verursachen. Die sind da Opfer, nicht Täter. Und wenn der Impfstoff das tut, was Sie von ihm behaupten, dann ist eine Öffnung auch kein Problem, sobald die Lehrer geimpft sind. Außer natürlich, der Impfstoff tut genau das nicht. Klar ist jedenfalls: Sie und die übrigen Mitglieder Ihrer Landesregierung sind diejenigen, die über diese Beschränkungen entscheiden. Die Behauptung, ein „normales Leben ermöglichen“ zu wollen, ohne ebendies zu tun, ist also schlichter Hohn. So sagt ja schon das gute deutsche Sprichwort: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“

Aber zurück zu der ethischen Frage, die Sie in diesem Schreiben so vollständig ausgespart haben. Die Deklaration von Genf beinhaltet auch den Satz: „Ich werde die Autonomie und die Würde meiner Patientin oder meines Patienten respektieren.“ Ich weiß, dass das nicht nur Ihr Problem ist; weiteste Teile der politischen Klasse leiden an dieser Stelle unter einem Totalausfall. Respektieren heißt auch, man unterlässt manipulative Versuche, Entscheidungen zu ändern. Es heißt, wenn jemand entscheidet, sich nicht impfen zu lassen, dann ist das sein gutes Recht. Und ein Arzt, der dies mit allen Mitteln zu umgehen sucht, handelt unethisch.

Ja, ich kann es schon hören: Sie sind Bankmathematikerin, keine Ärztin. Allerdings, wenn Sie sich als Gesundheitssenatorin an die Bürger wenden, sollten Sie wenigstens so tun, als ob. Und wenn Ihnen das zu schwer fällt – rechnen Sie doch einfach nach, wie sich das Risiko der Impfung zum Risiko der Erkrankung verhält, für die 12- bis 18-Jährigen. Das müssen Sie nachweislich können.

Nebenbei, die Juristen Ihres Hauses haben Ihnen sicher erklärt, dass die Entscheidung über eine Impfung bei 12- bis 18-Jährigen immer noch in den Händen der Eltern liegt. Der Brief ist also aus juristischer Perspektive an die Falschen adressiert. Außer natürlich, Sie wollten auf diese Weise die Kinder gegen die Eltern aufbringen und dafür sorgen, dass sie sich eine Impfung gegen die Fürsorgepflicht oder das bessere Wissen ihrer Eltern ertrotzen. Das wäre zutiefst unethisch.

Aber sie sind ja Bankerin.

Mit freundlichem Gruß
Dagmer Henn

(Dagmar Henn ist Mitglied des Berliner Freidenker-Verbandes.)

Quelle: https://de.rt.com/meinung/122313-liebe-frau-kalayci-ein-brief-an-die-berliner-gesundheitssenatorin/

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 13. August 2021 um 09:39 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Allgemein abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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