Landesverband Berlin im
Deutschen Freidenker-Verband e.V.

Unheilbar imperialistisch

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Warum es keine gute Idee ist, mit „Unteilbar“ auf die Straße zu gehen

von Klaus Linder

 

1. Keine Kollaboration mit den Kriegstreibern!

Wer Grüne wählt, wählt Krieg. Wer den Charakter der Grünen und ihrer Ideologie als Speerspitze für die aggressivste Formulierung der Ziele von Kriegspolitik, Militarisierung, Imperialismus, Kolonialismus durchschaut hat, wer ihre Einpeitscher-Rolle für den autoritären Maßnahmenstaat, das Vorantreiben der Notstands-Faschisierung und der NATO-Agenda erkannt hat, der braucht fast keine weitere Begründung, um dem „Unteilbar“-Aufruf zur Demonstration am 4. September in Berlin nicht Folge zu leisten (https://www.unteilbar.org/berlin-demo-2021/). Denn die Baerbock-Truppe, sowohl die Bundespartei als u.a. auch ihr in Berlin mitregierender Landesverband, ist zentraler, gleich viermaliger Unterzeichner des Aufrufs.

„Speerspitze“ heißt nicht, dass die Grünen in einem fundamentalen Gegensatz zu den anderen Bundestagsparteien stünden. Auch den Jugoslawienkrieg hat Grün-Rot nicht alleine geführt. Es heißt: Sie bringen die Ziele des Imperialismus am rücksichtslosesten zum Ausdruck, parlamentarisch und außerparlamentarisch. Wer daran festhält, dass Aussagen im politischen Raum überprüfbare Konsequenzen für das eigene Handeln haben sollten, der wird sich an „Unteilbar“ nicht beteiligen, und er wird auch nicht mit gutgemeinten „kritischen“ Losungen am Rande stehen, wissend, dass das in der medialen Aufbereitung, die heute entscheidet, als Teilnahme und Zustimmung verkauft werden wird. Man macht nicht die Komparsen einer vermeintlichen „außerparlamentarischen Opposition“ auf der Straße für Kriegsparteien und ihre Propaganda in einem Wahlkampf, bei dem alles darauf ankommt, die Gefahr abzuschmettern, die von diesen ausgeht.

Es gibt aber eine Reihe weiterer Gründe, um „Unteilbar“ fernzubleiben, und das nicht erst 2021, sondern seit dem ersten „Event“ dieses Namens, das am 13. Oktober 2018 ebenfalls in Berlin stattfand.

2. Verbergende Sprache ist verräterische Sprach

Zur manipulativ entzeitlichten, enträumlichten, subjektlosen Sprache der „Unteilbar“-Aufrufe soll hier nichts ausgeführt werden, nachdem dies Dagmar Henn schon 2018 unternahm (https://daskalteherz.blog/2018/10/12/aufbruch-ins-ungefaehre/).

Obwohl die Aufrufe von „Unteilbar“ kaum definierbare Inhalte formulieren und mit vage gehaltenen Allgemeinbegriffen arbeiten („Solidarität“, „Menschenrechte“, „Grundrechte“, „Grenzen“, „Ausgrenzung“) appellieren sie doch gezielt an ein in der BRD hartnäckig kultiviertes gesellschaftspolitisches Gefühl, traditionell als „Linksliberalismus“ bezeichnet.

Das Dilemma eines in den Monopolkapitalismus verschleppten Liberalismus benannte Peter Hacks: „Wenn es auf deutschem Boden nicht einen Tag lang eine liberale Gesellschaft gegeben hat, so hat doch der bürgerliche Liberalismus in den letzten hundert Jahren eine mächtige Seinsweise: als gesellschaftliches Werbemärchen, gesponsored vom Imperialismus, und als Gesichtspunkt also, unter dem ein großer Teil der neuern Geistesgeschichte verfaßt ist.“ (Peter Hacks, Essais, Leipzig 1984, S. 446).

Ein „gesellschaftliches Werbemärchen, gesponsored vom Imperialismus“: das trifft in der Tat die politische Funktion von „Unteilbar“. Was den Liberalismus betrifft, der da beschworen wird, so ist er aus der Epoche gefallen. Er entstammte der Zeit der aufstrebenden Bourgeoisie, die in ihrer revolutionären Phase einst als Vertreterin von Menschheitsgedanken auftrat, er entstammt dem Kapitalismus der freien Konkurrenz. Seit dem XX. Jahrhundert, mit dem Übergang zum Imperialismus, dessen ökonomische Grundlage das Monopol ist, ist damit Schluss. Das ökonomische Monopol drängt zur Errichtung des politischen Monopols, zur Faschisierung. Das ist keine graue Theorie, sondern wir sehen es heute als Realität am Corona-Ausnahmezustand in der Bundesrepublik, dessen unbegrenzte Verlängerung als „Klima-Notstand“ vorgesehen ist. Ganz aufgeräumt mit dem klassischen Liberalismus hat die Oktoberrevolution samt Folgen. Alle klassisch-liberale Ideologie ist seither sowohl vorimperialistisch als auch vorsozialistisch. Womit wir es heute allenfalls zu tun haben, ist die Ideologie des Neoliberalismus – und der ist bereits eine Erfindung des Imperialismus. Neoliberalismus, aufgemischt mit den Elementen eines libertären Individualismus, wie sie seit der 1968er Rebellion den westlichen linksbürgerlichen Habitus prägten: das ist auch die Handschrift, die im ersten „Unteilbar“-Aufruf von 2018 entgegentritt, nur dass inzwischen jede verbleibende Idee eines gesellschaftlichen Subjekts noch zusätzlich „identitätenpolitisch“ pulverisiert wird. Das liest sich dann so:

„Humanität und Menschenrechte, Religionsfreiheit und Rechtsstaat werden offen angegriffen.“

„Wir halten dagegen, wenn Grund- und Freiheitsrechte weiter eingeschränkt werden sollen.“

 „Nicht mit uns – Wir halten dagegen! Wir treten für eine offene und solidarische Gesellschaft ein, in der Menschenrechte unteilbar, in der vielfältige und selbstbestimmte Lebensentwürfe selbstverständlich sind. Wir stellen uns gegen jegliche Form von Diskriminierung und Hetze. Gemeinsam treten wir antimuslimischem Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Antifeminismus und LGBTIQ*- Feindlichkeit entschieden entgegen.“

 Für ein Europa der Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit!
Für ein solidarisches und soziales Miteinander statt Ausgrenzung und Rassismus!
Für das Recht auf Schutz und Asyl – Gegen die Abschottung Europas!
Für eine freie und vielfältige Gesellschaft!
Solidarität kennt keine Grenzen!“

(https://www.unteilbar.org/uber-unteilbar/positionen/aufruf-13-10-2018/)

Das könnte fast unschuldig klingen. Wer ist nicht gegen „Diskriminierung“ und gegen „Hetze“ an und für sich und fände es nicht vernünftig, den Mitmenschen davor zu bewahren. Nur: solange kein Subjekt genannt wird, ist auch nicht erfindlich, welche politische Handlung damit angezeigt sein soll. Menschenrechte, Religionsfreiheit, Rechtsstaat, gegen Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten – was will das klassisch liberale Herz mehr; und es spricht auch objektiv die Arbeiterbewegung an. Unterm Imperialismus gibt es genug Gründe für den proletarischen Klassenkampf, solche Errungenschaften gemeinsam mit fortschrittlichen bürgerlichen Demokraten im eigenen Klasseninteresse zu verteidigen. Nur: eine solche Bündnisgrundlage ist hier nicht vorgesehen, denn die „Grund- und Menschenrechte“ werden ausschließlich an säuberlich aufgezählte Minderheiten gebunden. Trotz deren bemühter Aufblähung: ihre gesellschaftliche Relevanz reicht nicht annähernd an die der großen Klassenkollektive heran, die hier wohlweislich verschwiegen sind. Da gibt es eine L-Identität, eine G-Identität, eine B-Identität, eine T-Identität, eine I-Identität, eine Q-Identität, eine feminine Identität, eine ziganische Identität, eine semitische Identität, eine muslimische Identität – und zu jeder gibt es ein „Anti-“, dem das Hauptübel dieser Gesellschaft zu entspringen scheint. Was soll aber an dieser Sammlung zersplitterter „Identitäten“ dann „unteilbar“ sein? Geteilt wird hier doch unablässig. Was soll mit der Rede vom je einzelnen aber irgendwie „vielfältigen“ „Lebens-Entwurf“ der Rückgriff auf den Heiderggerschen Irrationalismus („Das Dasein als geworfener Entwurf“)? Klassischer Liberalismus kennt solche Kataloge nicht, sondern meint Freiheit des Eigentums und der Person, vermöge der Allgemeinheit des Gesetzes. Hierin wurden durch französische Revolution und Bonaparte erhebliche Fortschritte erzielt. Damit ist aber nicht die Zersplitterung in unzählige Identitäten gemeint, sondern ein Staat, der sie nicht gegeneinander ausspielt. Über den wird von „Unteilbar“ nur gesagt, dass er alles richtig macht, wenn er „die Grenzen öffnet“. Die Ankündigung „Wir halten dagegen“ bleibt somit sinnleer. Es ist kein Gegner, keine politische Kraft, keine Regierung, kein Staat genannt, kein “Gegen wen geht es eigentlich?“ wird beantwortet. So fehlt der plausible Anlass, für den man 2018 unbedingt hätte auf die Straße gehen sollen. Im Rückblick bleibt nur ein allerdings unausgesprochener Anlass: „Unteilbar“ wurde als Kontra-Aufgebot gegen die damals angekündigte „Sammlungsbewegung Aufstehen“ um Sahra Wagenknecht in Szene gesetzt. Der Ruf „gegen Ausgrenzung“ diente Spaltungszwecken, auch wenn das viele Beteiligte nicht wussten.

Es wäre naiv, zu ignorieren, dass festgefügte Redewendungen wie „ungeteilte Menschenrechte“ stets eingehämmert werden, wenn die Menschenrechtsimperialisten ihre völkerrechtswidrigen Kriege, von Afghanistan über Syrien bis Libyen usw., propagandistisch verschönern. Es ist die Standardformel der „wertebasierten Ordnung“ des Aggressionsbündnisses NATO. Ebenfalls ist es Herrschafts-Sprache des Imperialismus, wenn hier „Europa“ gesagt wird, aber „EU“ gemeint ist. Und es ist natürlich „linke“ Unterstützung für die antidemokratische Offensive Merkels aus dem Jahr 2015 gemeint, wenn für dieses „Europa“ unentwegt „offene Grenzen“ gefordert werden. Der geschichtliche Zusammenhang, in dem diese Floskeln stehen, wird mit jeder Zuschärfung, aber auch jedem Scheitern der imperialistischen Aggressionsakte kenntlicher. Deshalb hat diese Phrasensprache nichts so sehr zu scheuen wie die Berührung mit der Wirklichkeit. So enthüllt sich der Sinn der „unteilbaren Menschenrechte“ einmal mehr, wenn Außenminister Maas (SPD) noch im August 2021, nach dem Zusammenbruch der blutigen Invasion und Besatzung Afghanistans erklärt, bei seiner nächsten „Reise in die Region“ ginge es um „die Einhaltung grundlegender Menschen- und Frauenrechte“. Die Absurdität der kolonialen Umdefinition der Menschenrechte mit ihrem Gender-Neusprech wird offenbar: „Menschen“ und „Frauen“ werden zu „diversen Identitäten“ ernannt – als Vorwand für das Streben deutschen Kapitals um den Platz an der Sonne in Afghanistan.

Wer die Unterstützerlisten von „Unteilbar“ zwischen 2018 und 2021 zur Kenntnis nimmt, kann nicht mehr naive Unkenntnis der weltpolitischen Angriffslage unterstellen, aus der heraus das alles gesagt wird. Die Unschuldsvermutung entfällt vollends angesichts des zentralen Ausdrucks, den „Unteilbar“ beständig wiederholt: „Die Offene Gesellschaft“ („unteilbar für eine offene und freie Gesellschaft – Solidarität statt Ausgrenzung“). Mit diesem Kampfbegriff befinden wir uns in der Kriminalgeschichte der Aufteilung der Welt unter transatlantischer Hegemonie.

3. „Offene Gesellschaft“?

„Geistesgeschichtlich“ überlieferte der Liberalismus seine gesellschaftspolitischen Fachausdrücke in klassischer Philosophensprache. So scheint es auch bei „Unteilbar“, das Wort ist ja schließlich nur die deutsche Übersetzung von lat. „Individuum“. Allerdings stammt keiner der Schlüsselbegriffe dieser Aufrufe von den Vorgängern der Aufklärungsepoche, sondern ist unmittelbar aus dem NATO-Amerikanischen übersetzt. „Unteilbar“ ist die deutsche Übernahme von „Indivisible“. Und so ist es mit den übrigen „Werten“, die sich hier eingedeutscht finden: „freedom and diversity“ ergibt „freie und vielfältige Gesellschaft“, „no border, no nation“ ergibt „Solidarität kennt keine Grenzen“.

Es sind jene „Freedom“, „Democracy“, „Diversity“, womit die unbotmäßigen Länder und Klassen dieser Welt von der „Wertegemeinschaft“ beglückt werden sollen. Wen das auch sprachlich an die Feldzüge Obamas, Clintons – aber auch Joseph Fischers und Madeleine Albrights – erinnert, der liegt bei „Unteilbar“ richtig.

„Indivisible“ wurde 2016 als Pseudo-Graswurzelbewegung in den USA aus der Taufe gehoben. Der Auftrag des „Netzwerks“ war, die Kriegsverbrecherin Clinton an die Macht zu bringen, alles zu tun, um die Wahl Trumps zu verhindern, und das Ganze so aussehen zu lassen, als sei es eine „spontane“ Erhebung „der Zivilgesellschaft von unten“. Das Unterfangen scheiterte, Trump wurde gewählt. Später versuchte “Indivisble“ für das Amtsenthebungsverfahren Trumps Stimmung und Geld zu mobilisieren. Auch das scheiterte. Dass „Indivisible“ von Anfang an durch großzügige Spenden von George Soros und seinen „Open Society“ („Offene Gesellschaft“) Stiftungen unterhalten wurde, war in den USA kein Geheimnis und die Feststellung rief dort nicht einmal das Verdikt „Verschwörungstheorie“ auf den Plan. Mit „Unteilbar“ wurde „Indivisible“ einfach auf deutsche Verhältnisse übertragen, nach Art eines „Franchise“-Unternehmens, das eine lokale Filiale aufmacht. Wie „Indivisible“ wird „Unteilbar“ vor allem innenpolitisch eingesetzt, nicht nur einst gegen „Aufstehen“, sondern insbesondere vor Wahlen, um als Manifestation eines vermeintlichen Volkswillens dem gewünschten Ergebnis nachzuhelfen. (Natürlich wird das, wie auch am 4. September in Berlin, nicht als Wahlkampfaktion kenntlich gemacht.) „Trump“ wurde zunächst einfach durch „AfD“ ersetzt, wodurch man hoffte, alles was sich „links“ nennt, für die indirekte Unterstützung der Merkelregierung und ihres rot-grünen Tragepfeilers einzubinden. Heute heißt der Popanz „Coronaleugner“. Allerdings konnte die Übertragung USA : BRD nicht maßstabgetreu erfolgen. Die nationalen Besonderheiten des deutschen Imperialismus erfordern andere Akzentuierungen als beim us-amerikanischen Urbild. So ist ein Dauerbrenner von „Unteilbar“ die unbedingte Propagierung der Berlin-Brüsseler-EU, wobei das von dieser Politik erzeugte Flüchtlingselend als Manövriermasse benutzt wird, um im Interesse der Banken und Konzerne die Nationalstaaten zu diskreditieren. Ein weiterer innenpolitischer Dauereinsatz von „Unteilbar“, wie es ihn so in den USA nicht gibt, ist die beständige Propaganda zur weiteren politischen Kolonisierung „des deutschen Ostens“, der bei jeder gebotenen Gelegenheit als „pauschal braun“ suggeriert wird. Aber auch hier folgt man dem Paten der Ursprungs-„Bewegung“: Als es für die vielfach verzweigten Soros-Stiftungen und überlappenden NGOs in europäischen Ländern ungemütlich wurde, zogen sie sich in die Hauptstadt der europäischen Konterrevolution zurück, nach Berlin. So taten es die Open Society Foundation und Amnesty International. 2019 kündigte Soros an, verstärkt in den „deutschen Osten“ wirken zu wollen. Der Vorwand lautete natürlich: „wegen der AfD“: „‚Wir schauen uns Möglichkeiten an, Akteure im Osten Deutschlands, die unsere Werte teilen, zu unterstützen‘, sagte Selmin Caliskan, Direktorin bei der Open Society Foundation, am Donnerstag in Berlin“ ( https://www.reuters.com/article/deutschland-soros-idDEKCN1TM0FF ). Es wundert nicht wirklich, dass flugs die Abteilung „unteilbar.solidarischer osten“ das Licht der manipulierten Welt erblickte (https://www.unteilbar.org/aktionen/solidarischerosten/).

Wer noch nicht wußte, aber wissen will, was eine imperiale Linke ist, unteilbar eben, der nehme außerdem noch zur Kenntnis, dass deren „Aktionen“ wiederum u.a. von der Rosa-Luxemburg-Stiftung unterstützt werden.

Nach dem Vorerwähnten wäre es müßig, das „Organigramm“ der Unterstützerliste von „Unteilbar“ nachzuzeichnen – NGOs, Thinktanks, meinungsbeeinflussende Kampagnen-Fabriken, Stiftungen und Vorfeldorganisationen etablierter Parteien, sowie ihre Verlängerungen in „außerparlamentarischen“ Bodentruppen und angelockten Aktivisten, die letztlich das Straßen-Schaufenster vor dem Hintergrundprogramm bilden. Das alles eingebettet in zahllose lokale Bürgerinitiativen. Wir finden die „Open Society“ gleich zweimal als Unterzeichner vertreten: als „Die offene Gesellschaft“ und als „Initiative Offene Gesellschaft“; obskure Neben-Netzwerke wie „European Alternative“ und „One Europe One World“; beide verfolgen das Programm, bei Fortbestand der EU die Nationalstaaten abzuschaffen. Amnesty International unterzeichnet ebenso wie eine Abteilung der grünen Heinrich Böll-Stiftung oder Campact; Adopt a Revolution, die pseudo-linke Kampagne für den Regime Change in Syrien; obskure Kunstprojekte, die für die Ästhetisierung der Politik im imperialistischen Sinne zuständig sind, in jedem Falle das Hohelied der EU singen und über deren Kanäle gefördert werden (z.B. International Institute for Political Murder); das Institut Solidarische Moderne darf nicht fehlen usw. usf. Die Verkehrssprache all dieser Polit-und Kulturkampf-Dienstleister ist zumeist Englisch, gerne auch mit „Future“ in etlichen Varianten im Namen. Nach 2019 kam natürlich auch „Fridays for Future“ dazu. Füllfarben für das Bild „Bewegung von unten“ sind Lokal-Organisationen, die zuweilen bezirksweise unterschreiben („Omas gegen Rechts“ im Dutzend städteweise, etwa ebenso häufig regionale Flüchtlingsräte, „Aufstehen gegen Rassimus“, diverse „queerfeministische“ und ähnliche Kleingruppen). Unterzeichner der ersten Stunde war auch der Staatskünstler Nr. 1 des späten Merkelregimes, Jan Böhmermann, der den Hohn über die Opfer der Regierungspolitik, und nicht über die Regierungspolitik, als „Satire“ verkauft. Zu alldem gesellen sich einige Gewerkschaften. Deren Einbindung und Unterordnung durch „Unteilbar“ dürfte zu den perfidesten Schachzügen der Kampagne zählen.

Verweilen wir bei der „offenen Gesellschaft“. Es handelt sich um einen Kampfbegriff aus dem Buch „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, das der Philosoph Karl Popper 1945 fertigstellte. Mit der „Totalitarismustheorie“ Hannah Arendts („Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“) und den „Studien über den autoritären Charakter“ der „Frankfurter Schule“ gehört das Buch zu den kanonischen Texten eines imperialistisch-„liberalen“ Pseudo-Antifaschismus und vor allem Antikommunismus. Nachdem der imperialistische Teil der Antihitlerkoalition sich gegen die Sowjetunion wandte und den Kalten Krieg eröffnete, fanden sich hier die philosophischen Grundprogramme einer „humanen“ Begründung kapitalistischer Vorherrschaft, die dann über die USA ab 1945 fest ins Geistesleben der monopolkapitalistischen BRD eingepflanzt wurden. Die Beglaubigung der Autoren als vom deutschen Faschismus Verfolgte nährte den antifaschistischen Mythos der Ideologie. Es ist auch bisher nichts wesentlich Neues hinzugekommen, sodass uns auch nach 75 Jahren die Konstanten des ideologischen Dreigestirns bei jeder reaktionären Regierungs-, EU- oder NATO-Offensive in neuen Aufgüssen vorgesetzt werden: „Offene Gesellschaft“, „Totalitarismusdoktrin“ und die sozialpsychologische „Erklärung“ des Faschismus unter Vernebelung seines Klasseninhalts, nämlich als „falsches Bewusstsein“ vermeintlich rückständiger „autoritärer Charaktere“ insbesondere der Unterschicht, des Proletariats und des Kleinbürgertums (und seit 1990 generell „des Ostens“). Das gehört zum eisernen Bestand seiner Alltagsphilophie, um dem verfallenden Linksliberalismus die Konterrevolution als erzieherisches Fortschrittsprojekt in jeder Lebenslage schmackhaft zu machen. Überwölbt wird es durch die romantische Phantastik einer vermeintlich übernationalen, friedensstiftenden Europäischen Union. Die „Unteilbar“-Aufrufe entnehmen aus dieser Suppe jeweils einen kräftigen Schöpflöffel.

In seiner „Offenen Gesellschaft“ führte Popper 1945 zugleich das Wort “Verschwörungstheorie“ als Kampfbegriff ein – doppelter Nutzen des Werkes also für die NATO-Staatsraison bis heute. Es dauerte ein wenig, bis „Verschwörungstheorie“ 1966 auch ganz amtlich in den Werkzeugkasten der CIA Eingang fand (Anweisung 1035-960). Der eigentliche Charakter des Begriffs erscheint bei Popper noch in ursprünglicher Unverstelltheit: „Verschwörungstheorie“ ist der Hammer, mit dem der Marxismus erledigt werden soll. Zunächst setzt Popper, wie üblich, Faschismus und Kommunismus gleich, um sich dann letzterem zuzuwenden. Es sei eine „Verschwörungstheorie der Gesellschaft“, wenn der Marxismus den Staat als Instrument einer herrschenden Klasse analysiert. Den Klassencharakter der kapitalistischen Gesellschaft bewusst zu machen heißt nach Popper also „eine listige Verschwörung von Großkapitalisten behaupten“. Folgerecht behauptet Popper, dass Kriege keineswegs von imperialistischen Kriegstreibern losgebrochen würden, sondern sich als unerwünschte Nebenfolgen von Handlungen ergäben, die eigentlich ganz andere Ziele beabsichtigen… Wer Gegenteiliges behaupte, vertrete eben „vulgärmarxistische Verschwörungstheorie“. (Karl R. Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Band II: Falsche Propheten. Hegel, Marx und die Folgen. Tübingen 1992, S. 119)

Eine „wissenschaftliche“ Theorie, die zum Zweck hat, die Monopolbourgeoisie von der Urheberschaft ihrer Handlungen und Verbrechen freizusprechen, musste nach 1990, als im kurzen Rausch der Konterrevolution die „Neue Weltordnung“ zu verkünden war, noch eindeutiger werden. 1992 erklärte Popper dem SPIEGEL im Hinblick auf die (Ex-)Kolonien: „Wir haben diese Staaten zu schnell und zu primitiv befreit. Es sind noch keine Rechtsstaaten. Dasselbe würde geschehen, wenn man einen Kindergarten sich selbst überließe. … Wir dürfen hier nicht davor zurückschrecken, für den Frieden Krieg zu führen. Das ist unter den gegenwärtigen Umständen unvermeidbar. Es ist traurig, aber wir müssen es tun, wenn wir unsere Welt retten wollen.“ (Karl Popper: Kriege führen für den Frieden, Interview mit Olaf Ihlau, in: DER SPIEGEL, 23.03.1992).

Wie „wir“ die Diktatur der „Offenen Gesellschaft“ seither „verteidigen“, erfuhr dann Belgrad bald im Bombenhagel. Grün-Rot lieferte die wirksame Propagandaformel für das bundesrepublikanische Hinterland zu dieser Barbarei: „Gegen rechts“, „wegen Auschwitz“.

4. Herrschaftstechnik als Randgruppen-Ergriffenheit

Die Begriffe von „Unteilbar“ sind also verdeckte Kampf- und Anti-Begriffe, spalterische Staatstrojaner sozusagen unter der Maske von „Inklusion“. Das muss zu Widersprüchen führen, sobald die Sprechblasen der Wirklichkeit ausgesetzt werden. Dass die Formel „Solidarität statt Ausgrenzung“ schlicht verlogen ist, entging nach den ersten „Unteilbar“-Auftritten auch der bürgerlichen Presse nicht, die der Sache eigentlich wohlwollend gegenüberstand.

Nehmen wir als Beispiel das „Deutschlandfahnenverbot“, das schon bei der ersten „Unteilbar“-Prozession zwar als Verbot nicht ausgesprochen aber dafür umso rigoroser durchgesetzt wurde.

Eine Gruppe Demonstranten wollte das zum Ausdruck bringen, was seit Jahren von den herrschenden Kreisen und dem besonderen Freund des ukrainischen Faschismus, Bundespräsident Steinmeier, als höchste deutsche Staatsraison vermittelt wurde: „Deutschland“ und „EU“ sind „unteilbar“ und diese Identität verkörpert sich in der „besten aller Verfassungen“, dem „Grundgesetz“, sowie dem „Lissabon-Vertrag“. Die imperialistische EU als fortschrittlichstes Friedensprojekt, das die deutsche Nation je aufzuweisen hatte, und zwar unter deutscher, menschheitsverbrüdernder, Führung. Genau das behauptete übrigens auch der von einem Bertelsmann-Mitarbeiter formulierte DGB-Aufruf zum 1. Mai 2019; diese Bertelsmann-Prosa ist von den „Unteilbar“-Aufrufen sprachlich übrigens kaum zu unterscheiden. Das Wort „Gleichschaltung“ dürfte hier angemessen sein (https://www.dgb.de/themen/++co++c42b3c70-499d-11e9-b5c0-52540088cada).

Dass der Jugoslawienkrieg 1999 ebenso wie 2014 der Erpressungsversuch der Ukraine zum EU-Assoziierungsabkommen, der ein Auslöser von faschistischem Putsch und Krieg war, die Wirklichkeit repräsentiert, vor der solche Sprechblasen zerplatzen, ficht die liberale Illusion nicht an. Nun haben die Veranstalter von „Unteilbar“ gewiß nichts gegen EU-Propaganda, sie ist Bestandteil ihrer DNA. Besagte Demonstranten erschienen aber sowohl mit einer EU- als auch mit einer schwarz-rot-goldenen Fahne zur Demo. Wegen letzterer wurden sie im Lauf der Prozession beleidigt, als „Nazis“ beschimpft, schließlich wurde ihnen die deutsche Trikolore mit Gewalt entrissen. Die Veranstalter fanden das in Ordnung. Die „Sprecherin“ von „Unteilbar“ erklärte, schwarz-rot-gold sei „rechts konnotiert“. Das ist ahistorischer Unsinn (nicht umsonst sind das auch die Farben der DDR-Fahne), aber es geht um „Deutungshoheit“, nicht um historischen Zusammenhang. Die Sprecherin gab nach der Demonstration 2018 die Direktive durch, der man sich in Sachen Fahnen zu unterwerfen habe: „Es gab kein Fahnenverbot auf unserer Demonstration, das haben wir gesagt, wir haben aber auch gesagt, die Deutschlandflagge soll nicht Symbol unserer Demonstration werden. Dann lieber die Regenbogenflagge aus dem Queer-Block, die Gewerkschaftsfahnen, oder „Refugees Welcome“. Die Deutschlandflagge wollten wir nicht“ (https://www.dgb.de/themen/++co++c42b3c70-499d-11e9-b5c0-52540088cada).

Übersetzt: Es gibt kein Verbot, aber es ist verboten zuwider zu handeln.

Der molestierte Fahnenträger hingegen erklärte seine Motivation so: „Die Deutschland- und die Europaflagge nebeneinander, das passt gut zum Motto der #unteilbar-Demonstration: Schwarz-Rot-Gold als Flagge des Grundgesetzes. Die dürfe man als Symbol nicht Pegida & Co. überlassen“.

Der SPIEGEL, der eine Mobilisierungsbremse für die pseudo-oppositionelle Formierung befürchtete, monierte: „Dafür muss die Bewegung natürlich Menschen einbinden, für die Schwarz-Rot-Gold ebenso für Demokratie und Menschenrechte steht wie etwa die Regenbogenfahne. … Dabei stehen die Farben der Republik klar für die offene und freie Gesellschaft, für Demokratie und Grundgesetz.“ (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/unteilbar-demonstration-in-berlin-ist-schwarz-rot-gold-okay-a-1233621.html)

Als 2019 dann „Unteilbar“ vor dem Landtagswahlkampf nach Dresden rief, mit 50 gecharterten Bussen und zwei Sonderzügen aus Berlin (da man offenbar nicht an das ausreichende Vorhandensein williger „Ortskräfte“ glaubte) sowie großer Unterstützung der SPD, um Stimmung gegen den als Sammelbecken „rechtsoffener autoritärer Charaktere“ gebrandmarkten „Osten“ zu machen und beiläufig die Wahlen zu beeinflussen, nahm der sächsische Ministerpräsident Kretschmann, mit letztem Gespür, welche Beleidigung seines Wahlvolks da anrückte, dezent Abstand: „Ich finde es gut und wichtig, dass es Menschen gibt, die die Demokratie und den Rechtsstaat bei der ,Unteilbar‘-Demonstration verteidigen möchten“, aber „der Zweck heiligt nicht immer die Mittel“ (https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/unteilbar-demonstration-der-gute-zweck-und-seine-mittel-16348296.html)

Trotz solcher Mahnungen konnten die Strippenzieher hinter „Unteilbar“ in der Flaggenfahne keinen Zentimeter nachgeben, denn sie dachten weiter. Der Zusammenhang ist rückblickend einfach: Hätten tatsächlich nennenswerte Menschenmassen die von „Unteilbar“ beschworene Rhetorik des Kampfes um „Grundrechte, Menschenrechte und Grundgesetz“ ab 2019 ernst genommen, dann hätten Massenveranstaltungen die Folge sein können, bei denen schwarz-rot-gold ein selbstverständliches Element gewesen wäre – so wie es der oben zitierte, als „Nazi“ beschimpfte Demonstrationsteilnehmer darlegte. Bürgerliche Demokratieverteidigung wird in Deutschland stets als nationale Angelegenheit erscheinen und entsprechende Symbolik benutzen. Dann hätte aber „Unteilbar“, wenn der Ausnahmezustand, den die Klimajünger 2019 bereits eifrigst herbeibeteten, schließlich verhängt würde, keine Möglichkeit gehabt, sich von Protesten gegen den Ausnahmezustand abzugrenzen. Es war abzusehen, dass solche demokratischen Proteste für „Grundrechte, Menschenrechte, Grundgesetz“ auch unter schwarz-rot-goldenen Flaggen laufen würden, sobald das, was bereits in der Luft lag, bitterer Ernst würde. Die Spaltungsstrategie, in deren Zeichen „Unteilbar“ aufmarschiert, soll Vermischung mit Kritikern des Maßnahmenstaats grundsätzlich ausschließen. Ansonsten würde der fiktive „Antifaschismus“, der die ausgebeutete Bevölkerungsmehrheit unter Generalverdacht stellt „rechts“ zu sein, wie ein Kartenhaus zusammenfallen. So vollführte „Unteilbar“ wahre Eiertänze, um nicht das Offensichtliche auszusprechen: dass mit „gegen Ausgrenzung“ nichts anderes gemeint war, als – Ausgrenzung. Was 2018 unverbindlich klang, wurde 2019 in Dresden zur Befehlskette: „Auch für die Demonstration an diesem Samstag wünschen sich die Organisatoren, dass die Teilnehmer ohne Fahnen kommen – und wenn, dann bitte mit Gewerkschaftsfahne, Refugees-Welcome-Fahne oder Regenbogen-Fahne. Die SPD darf auch ihr eigenes Banner mitbringen, soll sich aber wenn möglich hinten im Demonstrationszug einreihen.“ (Hervorhebungen von K.L.) (https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/unteilbar-demonstration-der-gute-zweck-und-seine-mittel-16348296.html).

Der Fall macht anschaulich, dass es hier nicht um Bündnis-Absprachen einzelner Demonstrationen geht, sondern um eine übergreifende Strategie, eine Herrschaftstechnik.

Indem sich Gewerkschafter und Sozialdemokraten nach einer offenkundig autoritären Direktive einzureihen haben – „wenn mit ihrer Fahne, dann neben der Regenbogenfahne“ , wirkt das äußerlich wie die Einladung zu gleichberechtigtem Nebeneinander. Es liegt aber kein Nebeneinander vor, sondern eine kompromisslos durchgesetzte Unterordnung, die die öffentliche Degradierung der Inhalte von Gewerkschafts-, also Klassenpolitik bewirkt.

Es wäre verfehlt, nun die emanzipatorischen Inhalte der Minderheitenkämpfe um gleiche Rechte aufzurufen, für die die Regenbogenfahne einst stand und für manche noch steht. Sie ist in der Instrumentalisierung durch Veranstaltungen wie „Unteilbar“ nur einer der vielen Geßlerhüte, vor denen die Gesamtgesellschaft genötigt werden soll, in die Knie zu gehen. Das auszusprechen hat nichts damit zu tun, ob man etwas „für“ oder „gegen“ die Minderheiten habe, die sie ursprünglich repräsentierte. Es ist ja die Funktion von Geßlerhüten, solch unangebrachte Bekenntnisse zu erzwingen. In der Instrumentalisierung zur Massenbeeinflussung hat sich die Regenbogenfahne als Zeichen von diesen Inhalten losgelöst. Imperialistische Ideologie macht sie zum Anti-Zeichen. Sie hat den „antinationalen“ Charakter zu beglaubigen, unter dem die reaktionärste Bourgeoisie ihre zutiefst chauvinistische Expansionspolitik kaschiert. Jedes authentische emanzipatorische Anliegen, dass sich unter die Fittiche des Imperialismus stellt, wird dadurch über kurz oder lang geschädigt und zerstört. Der Regenbogenfahne wird es da nicht anders ergehen, als es der Antifa-Fahne bereits ergangen ist. Wozu braucht aber die Monopolbourgeoisie den „Regenbogen“? Um, quasi als polit-ästhetisches Happening, die Demagogie einzutrichtern, die von ihr vertretenen Interessen seien „universale“ Menschheitsbelange, hinter denen die großen Klassenfragen als bloß „partikulares“ Sonderinteresse neben vielen anderen verschwinden. „Universaler“ bedeutet hier: „weiter oben in der Hierarchie“. Tatsächlich jedoch sind diese Klasseninteressen das übergreifend Allgemeine, das die materielle Welt tatsächlich bewegt und Geschichte macht. Diese Verkehrung der Perspektive, die Unterordnung von Kollektivinteressen, die die Kapitalherrschaft negieren, unter ein moralisch-idealistisches Über-Symbol, ist ein Grund, warum „Unteilbar“ die Gewerkschaften umwirbt, um ihnen dann durch knallharte „wenn, dann“-Bedingungen den Platz unter „Regenbogen“ und „Refugees welcome“ zuzuweisen. Das ist Spaltung der Arbeiterklasse als Auftrag des „linken“ Liberalismus.

Dass das nicht eine Marotte bloßer Demonstranten war, sondern Strategie großen Maßstabs, zeigte die weitere Entwicklung bis zur Fußball-EM 2021.

Der Deutsche Fußball-Bund, der unter den politischen Vorgaben aus Berlin und Brüssel handelte, versuchte bekanntlich, zuerst über die Regenbogen-Armbinde von Mannschaftskapitän Neuer, dann über die angekündigte, von der internationalen Fußballwelt jedoch einmütig abgeschmetterte Regenbogen-Anstrahlung des Münchner Stadions beim Spiel Deutschland-Ungarn, die Regenbogenfahne als Symbol dem gesamten Fußballturnier aufzudrängen. Das scheiterte am Widerstand der Fifa und an der Ablehnung der Fans. Die ganze vorgespielte „Minderheiten“-Empathie folgte den Vorgaben der Herren und Damen „Europas“, Merkels und von der Leyens, um dem unbotmäßigen Ungarn, unter Geiselnahme eines internationalen Fußballturniers, die Unterwerfungsinstrumente der Deutsch-EU zu zeigen. Die Regenbogenfahne wurde international nun als ein vom Volkswagen-Konzern gesponsortes Machtsymbol deutscher Herkunft wahrgenommen. Zu Recht. Wie auch immer man nun die politische Brauchbarkeit der „Deutschlandfahne“ dabei sehen mag: das Manöver hatte auch einen innenpolitischen Zweck. Den deutschen Fußballfreunden zu Hause wurde mit der versuchten Ersetzung durch den „Regenbogen“ klargemacht: die Zeiten schwarz-rot-goldener Sommermärchen ausgelassener Feiern auf der Straße sind unter der Isolationshaltung des Ausnahmezustands vorbei. Der Traum vom Kollektiv gilt nur noch, wenn „wir“ („die offene Gesellschaft“) dazu aufrufen. So konnte man diejenigen, die trotzdem noch öffentlich in schwarz-rot-gold schwelgen würden, unter den Generalverdacht stellen, dass es sich dabei wohl um „rechtsoffene Covidioten“ handeln müsse.

Damit sind wir bei der Sau angekommen, die „Unteilbar nun, im September 2021, durchs imperialistische Dorf treibt.

5. Im Namen der Grundrechte wird der Einsatz für die Grundrechte kriminalisiert

Wenn opportunistische Gewerkschaftsführungen zu sogenannten Klimastreiks aufrufen oder eben zu „Unteilbar“, dann ist der Preis, den ihre Organisationen dafür zu zahlen haben, mitsamt der Selbstverleugnung und dem Prestigeverlust in den Augen der Werktätigen, die unbedingte Bejahung der herrschenden Politik. Daran ändert auch nichts, dass dazu das Lied „Sag Nein!“ aus den Lautsprechern tönt. Das sei am Beispiel ver.di gezeigt.

Es sollte deutlich geworden sein, dass „Unteilbar“ nicht mehr die Funktionalität dessen besitzt, was man früher als Bündnis oder als widerständige politische Demonstration bezeichnet hätte. In solchen Bündnissen saßen die Akteure oft wochenlang auf Augenhöhe zusammen und rangen um jedes Wort und jede Losung der Aufrufe. Die Begrenztheit des Konsenses wurde durch die Einheit des übergeordneten Gesichtspunkts aufgewogen, den man vertrat. Damit verglichen ist „Unteilbar“ das potemkinsche Dorf eines Bündnisses, angefangen bei den Aufrufen. Es handelt sich um anonyme PR-Vorgaben, bei denen einzelne Schlagwörter so eingestreut sind, dass jeweilige Akteure ihr Teil-Anliegen identifizieren können und deshalb passiv unterschreiben. Sie bleiben isoliert.

Nun gab es im Erstaufruf 2018 eine einzige Aussage, die tatsächlich eine konkrete politische Handlungsperspektive hätte bezeichnen können. Genau diese Aussage ist nun, gerade unter der vollzogenen Aufhebung von demokratischen Rechten, im Aufruf 2021 unter den Tisch gefallen. Stattdessen kam, als neue „Universalformel“, die sogenannte „Klimarettung“ hinzu. Jene verschwundene Aussage lautete:

Wir halten dagegen, wenn Grund- und Freiheitsrechte weiter eingeschränkt werden sollen.“

Wir haben an den Zitaten um die Fahnenfrage gesehen, dass „Unteilbar“ kurzfristig den Eindruck erweckte, es ginge um die allgemeine Verteidigung der Grund- und Menschenrechte, der Demokratie gegen Übergriffe der Exekutive… Man reibt sich nun die Augen und möchte rufen: „Wenn Ihr die Verteidigung der Grundrechte auf Eure Fahnen geschrieben habt, dann hättet Ihr als „Unteilbar“ seit 2020, seit der Verhängung des Ausnahmezustands, Versammlungsverboten, der antidemokratischen Novellierung des Infektionsschutzgesetzes, den Ermächtigungsverordnungen, den irrationalen „Inzidenzen“, bis zur erpresserischen EU-Impfpropaganda und der Segregation Geimpfter und Ungeimpfter doch jeden Monat zu mahnenden Demonstrationen dagegen aufrufen müssen! Und mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre man gerade Euch sogar gefolgt!“ Man hätte sich nicht einmal in die Ecke des „Querdenkers“ stellen lassen müssen, um all das beim Namen zu nennen und dagegen aufzutreten. So tat es nämlich 2020 die Gewerkschaft ver.di mit einer vielleicht moderaten, aber doch eindeutigen juristischen Stellungnahme gegen das antidemokratische 3. Infektionsschutzgesetz und seine absehbaren Konsequenzen, die immer noch gültig ist (https://www.freidenker.org/?p=8900).

Das Gegenteil geschah, die heutige Realität enthüllt heute den sozialdemagogischen Charakter der Phrasen noch unerbittlicher. Im April 2021 hat „Unteilbar“ bereits ein „Statement der solidarischen Gesellschaft anlässlich erneuter Mobilisierungen von ‚Querdenken‘ und anderen Pandemieleugner*innen im Frühling 2021“ veröffentlicht (https://www.unteilbar.org/freiheitsolidarisch/). In einer Situation, da die vielfältige Gegnerschaft gegen sämtliche Aspekte der „Corona-Politik“ der BRD durch große Schichten der Bevölkerung geht und die Ahnung um sich greift, dass das alles nichts mehr mit Gesundheitsschutz zu tun hat, wird, unter dem Pappkameraden „Querdenker“, nun nahezu jeder unter generellen „Faschismus“- „Antisemitismus“- und „Leugner“-Verdacht gestellt, der immer noch nicht in Anbetung des imperialistischen Maßnahmen-Staates versank. Widerspruch ist zwecklos. Eine Kostprobe der haltlosen Diffamierungen von „Unteilbar“: „Wer sich ‚Querdenken‘ anschließt, fordert eine Gesellschaft, in der die gesundheitlichen Gefahren für Millionen Menschen geleugnet werden und in der antisemitisch konnotierte Verschwörungserzählungen an die Stelle von überprüfbaren Fakten treten; in der die demokratische Debatte durch das Recht der Stärkeren ersetzt und die Zusammenarbeit mit Faschist*innen zur Normalität wird.

Was unsere transatlantischen „Links“-Liberalen von Gnaden Bertelsmanns und Offener Gesellschaft nicht mehr wahrzunehmen scheinen: Wer außerhalb der eigenen Klientel solche „Aufrufe“ liest, zuckt allenfalls mit den Achseln und geht weiter. Sie dienen nur noch der Disziplinierung nach innen. Die Interessen der Bevölkerung kommen darin nicht vor und sie spielen nicht in derselben Realität, in der gesellschaftliche Mehrheiten heute ums Überleben kämpfen. Dieser Charakter des politischen Realitätsverlustes soll hier nicht weiter aufgewiesen werden. Dagmar Henn hat auch hierzu einiges Wesentliche angemerkt: https://www.freidenker.org/?p=11129.

Wie bereits gesagt: Der politische Eintrittspreis in „Unteilbar“ ist für alles, was der Arbeiter- und Friedensbewegung noch verbunden ist, enorm hoch; zu hoch. So ist es gerade die Gewerkschaft ver.di, deren Juristen 2020 zur Aufklärung über den unrechtlichen Charakter des „Corona-Notstands“ in Deutschland beitrugen, die sich nun genötigt sieht, das Verbot von „Querdenkern“ zu fordern. Und das nicht einfach so, sondern verbunden mit dem Aufruf zu „Unteilbar“. Gerade jetzt, wo die Losung sein muss: Versammlungsrecht wieder herzustellen, Demoverbote endlich kippen! – auch wenn justament „Unteilbar“ weder von Verboten noch von martialischen Polizeieinsätzen behelligt werden wird – gerade in diesem Moment ruft der Vorstand von ver.di den deutschen Staat zum Kampf gegen „Querdenker“ auf, unter der Überschrift „Wir lassen uns nicht spalten“. Im Aufruf ver.dis zu „Unteilbar“ wird, anknüpfend an eine Rangelei am Rande einer Querdenker-Demo, behauptet, „dass es bei den ‚Querdenker‘-Demos nicht um Kritik und Meinungsfreiheit geht, sondern um eine Ansammlung von Feinden der Demokratie … Es sei höchste Zeit, dass Sicherheitsorgane und Behörden die ’selbsternannten Querdenker‘ nicht länger als Impfkritiker*innen verharmlosen, sondern die demokratiefeindlichen Bestrebungen, die sich immer wieder in Angriffen auf Polizei und Journalist*innen zeigen, ernst nehmen und mit allen Mitteln des Rechtsstaats bekämpfen.“ (https://publik.verdi.de/ausgabe-202105/wir-lassen-uns/). Nachdem die Bekämpfung durch Sicherheitsorgane und Behörden (und Medien) längst ausnahmslos durchgeführt wird, ist zu fragen, welche Steigerung hier denn noch „gefordert“ wird? In Perspektive bleibt da nur die Erklärung sämtlicher Kritiker von „Corona-Maßnahmen“ und 3G-Schikane als vogelfrei.

„Demonstrationen“ der „offenen Gesellschaft“ als bestellter Aufmarsch der formierten Gesellschaft: der Charakter von „Unteilbar“ und allen verwandten Inszenierungen liegt inzwischen offen. Hier geht es im Prozeß der Faschisierung nicht mehr allein um erlaubte und verbotene, „gute“ und „schlechte“ Demonstrationen, um das symbolische Spiel von „Geßlerhüten“ und um sprachliche Gleichschaltung. Hier wird nicht weniger gefordert als die vollständige Liquidierung einer Gegenposition durch den imperialistischen Staat. Die Barrikade könnte klarer nicht mehr sein. Diejenigen, die glauben, „Unteilbar“ sei „anschlussfähig“ genug, dass auch sie dort unbeschadet ihr kritisches Fähnlein schwenken könnten, verkennen den rückwirkenden Spaltungs- und Zerstörungseffekt der Operation. Indem sie sich anschließen, versäumen sie den Moment der Erkenntnis, dass sie bald selber keinen Anschluss mehr finden dürften.

Klaus Linder ist Vorsitzender des Landesverbandes Berlin des Deutschen Freidenker-Verbandes

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 01. September 2021 um 11:24 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Allgemein abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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