Landesverband Berlin im
Deutschen Freidenker-Verband e.V.

Gestern: „Freidenker im Gespräch“ mit Oberst a. D. Bernd Biedermann

Knapp 40 TeilnehmerInnen hatten sich zur öffentlichen Veranstaltung der Freidenker „Wie gefährlich ist die NATO?“ mit Oberst a.D. Bernd Biedermann eingefunden, erfreulich viele junge Leute, erfreulich viele Gäste unter ihnen. Mehr als eineinviertel Stunden beeindruckte Genosse Biedermann die ZuhörerInnen mit einem Vortrag – überwiegend in freier Rede und nicht immer ganz eng am vorgegebenen Thema – mit Erkenntnissen und persönlichen Einschätzungen aus Jahrzehnten seiner militärpolitischen Arbeit in verantwortlichen Positionen. Jeder/Jede spürte dem Vortragenden die Lust an, Klartext zu reden, auch zuspitzende Aussagen nicht zu scheuen. Das war nach dem Geschmack der meisten ZuhörerInnen – geteilt nach Zustimmung, manchmal durchaus auch Ablehnung. Entsprechend lebhaft (und thematisch mitunter ausufernd) war die Diskussion, mit einerseits klaren Antworten und andererseits vielen offenen Fragen, die nach weiterer Bearbeitung und Vertiefung verlangen.

Ich habe mir eine ganze Reihe anregender Problemstellungen notiert:

  • „Warum wir China nicht verstehen“ (Hierzu bot Gen. Biedermann an, einen erhellenden Text nachzureichen.)
  • Der Rückblick auf den Kalten Krieg – die Doktrin der massiven Vergeltung – eine Zeit der ungeheuren Dominanz des Militärischen im Politischen – Trotzdem war selbst in dieser Zeit ein Abrüstungsabkommen, der INF-Vertrag möglich.
  • zur Psychologie einer „Situation der wechselseitigen Bedrohung“
  • China ließ sich nicht und läßt sich auch künftig nicht auf ein Wettrüsten ein.
  • Kriege unter Einsatz von Drohnen sind nicht zu verhindern. Ihr völkerrechtswidriger Einsatz muss verhindert werden. In Grafenwöhr befindet sich ein großes (das größte?) Ausbildungszentrum für Drohnenpiloten
  • Europaarmee? Klares „Nein“. Die EU sei kein Integrationsgebilde, dass eine Armee rechtfertigt.
  • Wie realistisch ist die Forderung eines Austritts der BRD aus der NATO? Die Fragen „Welchen Bedrohungen unterliegt die BRD?“, „Welche originären Interessen hat Deutschland?“, „Und wie sind diese zu realisieren?“ führten Gen. Biedermann zu der klaren Aussage, dass der Austritt aus der NATO und die enge Kooperation bevorzugt mit den Ländern der EU, Russland und China im nationalen deutschen Interesse ist.
  • Der Referent lehnte jede deutsche Großmachtpolitik ab und setzte sich in diesem Sinne mit dem Papier der SWP „Neue Macht – Neue Verantwortung“ von 2013 auseinander, kritisch aber für meinen Bedarf etwas zu pauschal.
  • Auf die direkte Frage verneinte Oberst Biedermann, dass ein dritter Weltkrieg unmittelbar drohe. Da sprach offensichtlich der Kalte-Kriegs-erfahrene Militär. Ich nehme seine Aussage ernst und erlebe sie als entlastend. Zugleich wünsche ich mir ihre Vertiefung in Hinblick neuartige Gefahren, die mit den „modernen“ Verfahren der begrenzten und hybriden Kriegsführung verbunden sind.

Zum Schluss sei noch mitgeteilt, dass Genosse Biedermann den Freidenkern zwei Exemplare der Arbeitspapiere der „Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e. V.“ zu Verfügung stellte, darunter das Heft 115, das noch nicht online verfügbar ist. Ebenfalls übergab er uns ein Exemplar der (von ihm erarbeiteten) deutschen Übersetzung des „Weißbuch zur Militärstrategie Chinas 2015“. Alle diese Materialien können InteressentInnen bei der Leitung Berliner Freidenker ausleihen.

Bald werden wir einen Videozusammenschnitt des Vortrags von Gen. Biedermann online verfügbar machen.

Unser Dank gilt allen, die zu dieser erfolgreichen Veranstaltung beigetragen haben, an erster Stelle und ganz besonders natürlich unserem Gen. Bernd Biedermann, dem wir noch für viele Jahre Gesundheit, stets erneuerte Kompetenz und sowohl Streitlust, als auch Kampfesmut wünschen.

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 14. April 2016 um 20:19 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Aufklärung, Freidenker im Gespräch, Friedensbewegung, Nation, Politik, Standpunkte abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Lieber Klaus-Peter,

    an Hand deines Berichts und der Kommentare konnte ich mir Vieles vorstellen.
    Das ist sehr anregend zu lesen.

    Ich wollte eine Ergänzung zu dem von dir erwähnten SWP-Papier schreiben
    (fand aber nicht den Zugang).

    Da heißt es unter der Klassifizierung STÖRER:
    „Sowohl starke und funktionsfähige als auch fragile oder
    zerfallende Staaten können Störer der internationalen Ordnung sein.
    Iran und Nordkorea
    (sowie, mit deutlich geringerer Bedeutung, Venezuela oder Kuba) fallen in
    die erste Katego-
    rie; zur letzteren gehören Staaten wie Syrien, Somalia, Afghanistan oder
    Mali. Ihr Störpoten-
    zial kann sich aus dem Besitz oder der Weitergabe von
    Massenvernichtungswaffen ergeben;
    aus der Förderung oder Beherbergung von Terroristen; aus ihrer Lage (etwa an
    einer strate-
    gischen Transportroute oder einer Meerenge); oder auch aus inneren
    Konflikten, die in ihre
    Nachbarschaft hineinwirken – und nicht selten darüber hinaus. In der
    globalisierten Welt von
    heute kann so aus einem lokalen Problem schnell ein regionales oder
    internationales werden.
    Die Interessen (und die Werte) eines weltweit vernetzten Landes wie
    Deutschland können da-
    her selbst durch einen kleinen oder weit entfernten Störer empfindlich
    beeinträchtigt werden.“

    Diese Anmaßung ist doch ungeheuerlich! Darin liegen völkerrechtswidrige
    Handlungsanweisungen für eine imperiale Politik.

    Umso wichtiger ist der Aufruf zur multipolaren Welt (auf Basis der
    UN-Charta) http://multipolare-welt-gegen-krieg.org/

    China und Russlands Bedeutung für den Erhalt einer nicht kriegerischen Welt
    ist umso bedeutender.

    Kommentar: Elke Zwinge-Makamizile – 18. April 2016 @ 13:01

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